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Lisa Reiter

  /  Personal   /  Anorexia Recovery   /  Darf ich meinen Körper lieben?

Die Themen Anorexie und mehr Akzeptanz für den eigenen Körper werden in meinem Leben immer einen großen Stellenwert einnehmen. Und doch habe ich in den letzten Monaten mehr unbewusst versucht, diesen Teil meiner Vergangenheit in der Versenkung verschwinden zu lassen. Ich wollte ihn beiseite schieben. Ja, Anorexie wird immer einen großen Stellenwert in meinem Leben haben. Einen riesengroßen sogar. Anorexie macht meine Geschichte aus, denn die Krankheit hat diese geprägt. Und ich werde immer wieder an diesen Punkt gelangen, wo mich die Krankheit wieder mehr beeinflussen wird. Nicht in Form von Rückfällen (die ohnehin immer möglich sind), aber sie wird mich in den Momenten beeinflussen, in denen all die Charaktereigenschaften gefragt sind, die ich mir in dieser Zeit angeeignet habe. Mut. Stärke. Durchhaltevermögen.

Doch einen Raum habe ich der Krankheit in letzter Zeit wenig gegeben. So wenig, wie eigentlich noch nie. Und das, obwohl ich durch die stressigen Zeiten vor meiner Diplomprüfung wieder ein paar Kilos verloren habe, aber dieses Mal habe ich es nicht zugelassen, dass aus dem Stress wieder ein neuer Rückfall wird. Anorexie hat keinen Stellenwert eingenommen. So eine geringfügige Rolle hat die Krankheit noch nie in meinem Leben gespielt.

Und trotzdem bin ich in letzter Zeit wieder verstärkt mit Anorexie in Berührung gekommen. Nicht durch meinen Gewichtsverlust, der stressbedingt ist, sondern durch etliche Momente, die mich an die Krankheit erinnert haben. Sei es nun durch ein höchst unangemessenes Kommentar auf meinem YouTube Channel oder durch die Medien, wo wieder einmal ein Todesfall wegen den Folgen der Magersucht in den Schlagzeilen war. Auf Facebook überschlugen sich die Kommentare zu diesem Fall. Und bei vielen merkte ich, wie wichtig der Aufklärungsbedarf im Bezug auf Essstörungen nach wie vor ist.

Die Meinungen klafften weit auseinander. In diesen Kommentaren war alles dabei. Von Anschuldigungen, wie „die ist doch selbst schuld„, bis hin zu höchst unangebrachten Ratschlägen, wie „die hätte einfach mehr essen sollen„, ist mir besonders ein Kommentar ins Auge gestochen. Ein Kommentar, der zwar nicht so schlimm ist, wie die bereits genannten Beispiele, aber der doch zum nachdenken anregt: „Traurig, dass man seinen Körper heutzutage nicht mehr so lieben kann, wie er ist.

 

 

Darf ich mich selbst heutzutage nicht mehr lieben, so wie ich bin?

Ich versuche immer, bodypositiv zu sein. Auch wenn es mir manchmal schwer fällt und auch wenn es mir (oder anderen) manchmal heuchlerisch vorkommt, weil es nicht so ist. Doch ich versuche immer -und das war eine wichtige Lektion, die ich lernen musste- mich selbst so zu akzeptieren, wie ich bin. Ja, ich gebe es zu. Die Zahl auf der Waage vor kurzem hat mir gefallen. Nach meiner Diplomprüfung habe ich mich aus Neugierde gewogen und mein BMI hat nun wieder eine 1 vor der Zahl. Und es hat mich kurzzeitig wahnsinnig glücklich gemacht. Ich habe dann auch schnell wieder gemerkt, wie es mich kurze Zeit später genervt hat, dass es doch nicht noch weniger Kilos sind. Und dann fühlte ich mich wieder zu dick. Es ist verrückt, dass die Krankheit immer noch da ist und das, obwohl ich ihr in letzter Zeit so wenig Raum gegeben habe. Doch dann habe ich mir wieder ins Bewusstsein gerufen, was ich mir vor noch nicht allzu langer Zeit selbst versprochen habe: Man muss kein Ideal verfolgen. Weder äußerlich noch innerlich. 

Ich habe mir in einem Blogpost schon einmal die Frage gestellt: Wann hat dieser Moment aufgehört, als „sein Bestes zu geben“ nicht mehr gut genug ist? Und genauso verhält es mit seinem Aussehen oder generell mit der Person, die man ist. Man ist die beste Version von sich selbst, wenn man so ist, wie man einfach ist. Innerlich und äußerlich. Da ist es doch vollkommen egal, ob man nun gertenschlank ist oder etwas mehr auf den Rippen hat. Viele schreiben der Gesellschaft die Schuld an diesem Ernährungswandel zu, aber ist es nicht zu einfach, die ganze Schuld auf Castingshows wie GNTM abzuschieben? Ich habe es schon einmal gesagt: Anorexie ist so viel mehr als das.

 

 

Eis gibt kein Rezept, wie du deinen Körper lieben lernst, aber du musst wissen: Du darfst ihn lieben

Die Gesellschaft hat vielleicht eine Teilschuld, dass die Prävalenz von Magersucht und anderen Arten von Essstörungen gestiegen ist und sie sind sicherlich ein Einflussfaktor. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viel mehr Faktoren mitspielen. Und ich kann mir vorstellen, dass es sich genauso mit der Unzufriedenheit gegenüber dem eigenen Körper verhält. Oftmals steckt mehr dahinter, als nur der gesellschaftliche Zwang, perfekt zu sein, warum man seinen Körper nicht mag. Vor allem in der Pubertät muss man erst damit klarkommen, dass sich der Körper plötzlich verändert. Nicht jeder kommt mit dieser Veränderung gut klar.

Es gibt kein Rezept, wie man seinen Körper lieben lernt, aber man sollte nie diese eine Tatsache aus den Augen verlieren: Man darf seinen Körper lieben. Man darf sich so akzeptieren, wie man ist. Und diese Lektion lernt nicht jeder so schnell. Das ist okay, denn ich glaube, man muss in dieses positive Körpergefühl erst hineinwachsen. Ich selbst würde auch nicht sagen, dass meines sehr stark ausgeprägt ist. Aber zumindest konnte ich endlich diesen Hass gegenüber meinen Körper schüren und so lerne ich jeden Tag mehr, mich anzunehmen. Ich fühle mich zwar nicht immer wohl in meinem Körper, doch ich fühle mich wohl in diesem Leben, das ich gerade lebe. Und ich liebe mein Leben, das ich nie mehr mit meinem Selbsthass und der Ablehnung meines eigenen Körpers beeinträchtigen möchte.

 

Darf ich meinen Körper lieben

 

Picture Information

Für diesen Beitrag habe ich übrigens Fotos verwendet, die wir vor zwei Monaten in Ibiza geshootet haben. Da war ich ein klein bisschen „runder“ als jetzt, aber mindestens genauso glücklich. Okay, nein, ich bin jetzt glücklicher. Aber das hat nichts mit dem Gewicht zu tun, sondern einfach, dass ich endlich meinen Abschluss in der Tasche habe und damals noch zittern musste 😉

Aber ich finde, mein Körper ist auf diesen Bildern vollkommen in Ordnung, so wie er ist. Genauso, wie jetzt auch. Darum: Ein Hoch auf die eigene Körperakzeptanz!

 

Comments

  • 10. Juli 2017

    I totally get what you’re staying about it always being something that comes back. My eatting is so so up and down but all we can do is try and try again. Thank you so much for sharing your story and you’re right, you 100% deserve to love your body!!

    xx Pia
    http://gymbagsandjetlags.com

  • 14. Juli 2017

    Meine liebe Lisa,
    erst einmal noch ALLES ALLES ERDENKLICH LIEBE UND GUTE, FRAU MAGISTER!!!!! *-* *-* *-*
    So das musste erst mal sein.
    Ich finde deinen Beitrag wirklich großartig, dazu gehört immer viel Mut und du hast wirklich die passenden Worte gefunden. Ich glaube heutzutage eine Frau zu finden, die sagt sie liebt ihren Körper und ist mit sich im Reinen wird immer schwieriger. Natürlich würde ich das auch gerne von mir sagen, aber auch ich bin meist nie zufrieden. Wenn ich gutes Essen nicht soooo sehr lieben würde, wäre ich sicherlich allein vom Kopf her auch ein absoluter Risikofall… Aber wie du so schön zitierst hat: Warum liebt man seinen Körper nicht einfach so wie er ist? Weil es die Gesellschaft anders vorschreibt? Wahrscheinlich oft einer der Gründe, aber es gibt so viele mehr. Die Tochter einer meiner Mitarbeiter kämpft seit mittlerweile über fünf Jahren gegen die Magersucht und ich sehe wie verzweifelt die Eltern sind, weil einfach keine Besserung in Sicht ist.. Solange es im Kopf nicht klick macht, wird es demjenigen auch körperlich nicht besser gehen 🙁
    Ich finde du hast eine tolle Figur meine Liebe! Und ich hoffe dass die Krankheit weiterhin einen sehr sehr geringen Stellenwert in deinem leben einnehmen wird und irgendwann auch hoffentlich gar keinen mehr…
    Liebst Kathi
    http://www.meetthehappygirl.com

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