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Lisa Reiter

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Ich hasse es, Jeans online zu bestellen. Generell hasse ich es, neue Jeans zu probieren. Ich trage gerne Jeans, aber es dauert, bis ich mich darin wohl fühle. Die Suche nach der perfekten Hose ist sowieso eine Mission Impossible. Eine Mission Never Accomplished. Jedes Mal ein ungutes Gefühl, sich in den Umkleidekabinen bei grellem Neonlicht in eine Skinny Jeans zu zwängen – auch als relativ schlanke Person. Jeans Online shoppen? Versuche ich zu vermeiden so gut es geht. Und doch habe ich mich dieses Mal dazu hinreißen lassen, mir eine Jeans online zu bestellen. Ich habe noch gehadert. „Ist das wirklich so eine gute Idee?“, fragte ich meine innere Stimme, als ich zwischen den Größen hin und her scrollte. Ich entschied mich für M, obwohl die meisten meiner Jeans und Hosen zu Hause eine Nummer kleiner sind.

Wenn sie dann genau passt oder schlimmer, gar nicht passt, wirst du dich schlecht fühlen. Richtig schlecht!“, wollte mir meine innere Stimme mahnend ins Gewissen reden. Aber da war es schon zu spät. Die Hose landete in meinem Warenkorb und ich klickte auf „Bestellen“. Meine Gedankenspinnerei ging aber weiter. Schlimmer: Sie ging erst so richtig los. 

Liefertag. Die Hose kam an. „Lass es lieber. Pack sie gar nicht erst aus. Es war eine blöde Idee, online Jeans zu bestellen!“, plapperte meine innere Stimme mit Nachdruck weiter, während ich zaghaft die Plastikverpackung aufriss und die Hose erstmal begutachtete. „Puh, sieht eng aus. Lisa, bitte. Tu dir und mir einen Gefallen. Lass es!“ Unaufhörlich quatschte die innere Stimme weiter, doch ich beschloss, ihr keine Beachtung zu schenken. „Ach, da komme ich schon rein. Erst gestern habe ich von der gleichen Marke eine Hose in S getragen. Die sieht nur kleiner aus, als sie tatsächlich ist. Sie ist Stretch und High Waist. Pfeif drauf!“, versuchte ich meine innere Stimme zu beruhigen, doch ich sah sie quasi vor mir. Skeptisch mit einer hochgezogenen Augenbraue.

 

Dann kam der glorreiche Moment…

 

…die Hose passte. Schlimmer: Die passte ganz genau und ich musste schon kräftig daran ziehen, um sie hoch zu bekommen. Aber der Reisverschluss ging ohne Probleme zu und die Hose schmiegte sich an meine Beine. Irgendwie frustrierte es mich. In meinem Schrank hängen Klamotten in XS und S. All diese Teile passten doch vor kurzem noch. Warum brauche ich bei dieser Hose eine M? Da merkte ich: Ich war im Größenwahnsinn und Zahlenchaos der Fashion Industrie gefangen. Und es beeinflusste mich, auch wenn mir an dieser Stelle bewusst werden hätte sollen, dass dies ein klares Indiz dafür ist, was Zahlen tatsächlich über deine Schönheit aussagen: Nämlich nichts!

 

 

Heute Morgen schrieb ich auf Instagram:

Isn’t it insane? It seems that our whole life depends on numbers. We care about how many likes we get, how many followers we have and how many blog clicks we receive per second. The higher the better, right? On the other hand we care about how much we weight, how tiny our waist is and in which sizes we fit. The lower the better, right? Well, yesterday I realized that we should care less about numbers – especially when it comes to sizes. A size doesn’t say anything about your beauty – sizes are the decision of the fashion industry and every brand decides differently (and these decisions are sometimes really rude and hurtful). Honestly, we are all beautiful just the way we are. I hate numbers – but I love words and letters. I hate calculating – but I love talking and telling & writing stories. We all should change numbers to words, which means we all have one size and this size is called: BEAUTIFUL.
SPECIAL.
GORGEOUS.

[…]

 

 

Diese Worte möchte ich mir selbst zu Herzen nehmen, obwohl ich ganz genau weiß, wie schwer es manchmal ist, die inneren Gedanken ruhen zu lassen. Unsere Kleidergröße beeinflusst uns, doch ich weiß auch: Es gibt Brands, die schneidern wirklich gemein. Namen möchte ich an dieser Stelle nicht nennen, aber euch eher dazu auffordern, euer Selbstbewusstsein nicht in die Hand der Fashion Industry zu legen und euer Leben nicht von Zahlen abhängig zu machen. In jederlei Hinsicht:

  • Likes sagen nichts darüber aus, ob wir wertvoll und eine interessante Person sind. Das sagt unser Charakter über uns aus.
  • Follower sagen nichts darüber aus, ob unser Leben lebenswert ist, weil keine Zahl unser Leben lebenswert macht, sondern wir selbst.
  • Blog Klicks sagen nichts darüber aus, ob unsere Gedanken und unsere Meinung relevant ist. Denn das ist sie immer.
  • Dein Gewicht sagt nichts darüber aus, ob du eine gute Figur hast. Denn Gewicht ist in der Tat irrelevant.
  • Es ist kein Lebensziel, eine schmale Taille oder Tigh Gaps zu haben. Gesundheit und Lebensqualität sind viel wichtiger und das kann man nicht in Zahlen messen.
  • Größen sagen nichts über deine Schönheit aus, denn DU bist schön.

 

Größenwahnsinn und Zahlenchaos

 

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I’m more than just a number

 


 

Bilder by Miss Getaway

 


 

 

Comments

  • 22. Januar 2018

    Ein wirklich wirklich toller und so wichtiger Beitrag – uns so schwierig in der Umsetzung. Das Wissen über solche unnötigen Gedanken ist da, aber im Unterbewusstsein schleichen sich dann eben doch diese unzufriedenen Gedanken ein. „Größer, weiter, schneller, dünner“, unsere Gesellschaft ist so durch diesen Druck geprägt und aussteigen so unglaublich schwierig, aber der Kampf lohnt sich jeden Tag. Ich wünsche dir eine ganz wundervolle neue Woche und in einem stimme ich dir vollkommen zu, jeder Mensch ist schön und DAS lässt sich in keine Skala pressen. Alles Liebe, x S.Mirli
    http://www.mirlime.com

  • 22. Januar 2018

    Unglaublich toller Post! Und ich kann dir nur zustimmen; Größen können einen ganz schön frustrieren, auch wenn man genau weiß, dass sie nebensächlich sind und sowieso nie ein genauer Richtwert sind.
    Ich bin mittlerweile schon ziemlich gut darin, nicht mehr über Zahlen nachzudenken. Klar, ist es kurz mal frustrierend, wenn man bei der neuen Hose nochmal ne Nummer größer braucht, aber der Frust ist dann ganz schnell wieder weg, wenn sie richtig gut passt 😀

    Nochmal, richtig schön geschrieben!

    Alles Liebe, Jacky N.

  • 22. Januar 2018

    Ich kann dich echt gut verstehen!! Mitlerweile habe ich die „best perfekte“ Jeans für mich gefunden – die nicht wirklich perfekt sitzt, aber bequem ist und nicht schei*e ausschaut. Die habe ich mir schon mehrmals nachgekauft, auch Online, wenn ich ganz genau weiß welche es ist. Als Plus Size Frau ist es noch schwieriger Jeans zu finden die passen und schön sind (und nicht ein Monatslohn kosten!), da bleibe ich halt lieber mit dem Modell den ich gefunden habe. Aber, ich habe von H&M immer noch Jeans von vor 4 Jahren in Größe 46 die GENAUSO GROß sind wie Jeans in 50 die ich jetzt in der H&M+ Abteilung finde. Das ist total arg!!! Gerade für Leute die mit Essstörungen zu kämpfen haben, die den eigenen Körper größer sehen als es ist….die Mode Industrie hat ja vor einige Jahre versucht die Size 0 Trend weg zu bekommen, dabei haben sie nur die Tags auf den Klamotten geändert…und so liest man jetzt M statt S, die Größe ist aber gleich wie vor einige Jahren…

    LG, Rosie //Curvy Life stories

  • 25. Januar 2018

    Ich finde es gut, dass du dir deinen Blog nicht von der Fashion Industry vorschreiben lässt, das erkennt man auch an deinem eigenen Style

    Liebe Grüße aus dem Schenna Hotel

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