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Lisa Reiter

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Wenn sich leicht sein so schwer anfühlt

Als ich noch ein Kind war, war ich bekannt als das Mädchen, das unbeschwert durchs Leben geht. Und das ist ganz normal, denn diese kindliche Leichtigkeit ist das, was ich so sehr im Erwachsenenleben vermisse. Leichtigkeit ist Freiheit. Freiheit, die ich nie in meinem ganzen Leben aufgeben wollte. Kinder sind unbeschwert, frei und schweben durchs Leben. Nicht alle, aber wenn Kinder ihre kindliche Natur ausleben dürfen, dann sind sie das. Nur muss ich als Kind viel, viel mehr ausgestrahlt haben, als nur diese typisch kindische Unbeschwertheit. Vielleicht war meine Leichtigkeit überpräsent, doch von mir wurde stets behauptet, dass ich für immer leicht durchs Leben gehen werde. Weil ich schon immer eine Neigung zum Minimalismus hatte und mir nicht viel daraus machte, was andere von mir denken. Früher. Ich schwebte durchs Leben, so leicht und so frei. Dass ich meine Leichtigkeit, meine Unbeschwertheit schneller verloren habe, weiß jeder, der meine Anorexiegeschichte kennt.

Und auch wenn es ein bisschen verrückt klingt, damals, in dieser Zeit, als ich krank war, war ich unbeschwerter, als jetzt. Unbeschwerter deswegen, weil ich mich doch ein wenig freier gefühlt habe, als ich jetzt tue. Wenn ich so daran denke, wie ich mein Leben gelebt habe. Ein bisschen unter Zwang, ja, aber dennoch, ich habe mir nicht viel aus morgen gemacht. Ich habe mir auch nicht viel aus gestern gemacht. Das Hier und Jetzt war mein Leben. Ich war auf Partys. So vielen Partys. Tanzte schwerelos durch die Nächte, so schwerelos. Und es fühlte sich immer wie ein Stückchen Freiheit an. Nacht für Nacht. Und jetzt, wenige Jahre später bin ich zu dem geworden, was ich nie sein wollte. Und auch wenn gerade so viel Last von mir abfällt, ich bin nicht mehr die, die ich einmal war und genau in diesem Moment habe ich erkannt:

 

Wenn sich leicht sein so schwer anfühlt

 

Ich dachte immer, ich sei erwachsen geworden. Und immer wieder habe ich mir eingeredet, dass man strikt Regeln befolgen muss. Regeln, die als angemessen gelten. Ich wollte nie zu dem werden, was ich bin. Doch ich habe die Richtung verloren, bin eine Abzweigung gegangen und ich weiß nicht, wo mich dieser Kreuzweg hinführt. Ins Leere, ins Nichts? Frei sein muss sich echt anfühlen, leicht sein auch. Es darf sich nicht schwer anfühlen, aber ich bin an einem Wendepunkt meines Lebens angekommen, an welchem sich leicht sein so schwer anfühlt.

Es sind etliche Jahre vergangen. Etliche Jahre, in denen ich immer mehr zu dem Menschen geworden bin, der ich nie sein wollte. Früher lebte ich in den Tag hinein. Und es war nicht immer leicht. Es war nicht immer gedankenlos. Manchmal, ja manchmal, da überschlugen sich meine Gedanken förmlich. Nur ich hinterfragte nie, wer ich wirklich bin. Aber ganz ehrlich, ich war damals mehr ich selbst, als ich es heute bin. Trotz Krankheit. Trotz Selbstzweifel. Aber ich war mehr ich selbst, als ich es heute bin. Als jetzt in diesem Moment, wenn sich leicht sein so schwer anfühlt.

Früher war es mir egal, wie andere Menschen ihr Leben gelebt haben. Ich hinterfragte nicht. Ich hinterfragte nicht, ob es fair oder unfair ist, wenn ihnen ein Klümpchen gold in den Schoß fiel, mir aber nicht. Das warum war mir so egal. Jeder wie er will. Nicht wie ich will. Ich ging den leichten Weg und der leichte Weg war damals der richtige für mich. Und heute nehme ich den schweren Weg, immer wieder. Und versinke in böse, gemeine Gedanken, die mich manchmal hinterfragen lassen, ob das noch ich bin, die so denkt. Manchmal glaube ich, dass mich das böse Karma noch einholen wird. Karma is a bitch. Und früher oder später wird es auch zu mir so sein, wenn ich nicht langsam aufhöre, jemand zu sein, der ich nie sein wollte. Wenn ich nicht langsam aufhöre, mich in Regeln und Klischees zu drängen, in die ich mich gar nicht drängen muss, weil es nur Regeln und Klischees sind, in welche die Gesellschaft uns drängt.

 

Wenn sich leicht sein so schwer anfühlt Wenn sich leicht sein so schwer anfühlt Wenn sich leicht sein so schwer anfühlt

 

Comments

  • Melanie
    23. Mai 2017

    Deine Bluse gefällt mir total gut. ich mag solche Modelle sehr :-*

    viele liebe Grüße
    Melanie

  • Carrie
    23. Mai 2017

    Die Location ist echt ein Hammer und der Look passt einfach perfekt dazu. Die Shorts sind richtig schön

  • 23. Mai 2017

    Hach , wieder so schön geschrieben und so klug formuliert !

    Neri

  • 24. Mai 2017

    Wir haben uns ja letztens schon zu dem Thema unterhalten und ich finde deine Einstellung echt super. Ich mag den Text auch super super gerne – du schreibst einfach so schön Lisa. Und ich hoffe es fällt dir in Zukunft auch wieder etwas leichter einfach „los zu lassen“.

    Love and kisses, kerstin
    http://www.missgetaway.com/

  • 29. Mai 2017

    Ich finde das Outfit einfach umwerfend. <3
    Aber besonders berührt hat mich dein Text. er ist einfach wunderschön und sehr ehrlich.
    Ich kenn dieses Gefühl auch zu gut, wenn man irgendwann nicht mehr weiß, welchen weg man gehen soll und nichts wirklich richtig schein. 🙂

    Toller Beitrag, Lisa. <3

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Est. 2012

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