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Es tut mir Leid

In letzter Zeit teile ich auf Instagram in meinen Captions viele persönliche Wort. Natürlich. Für mich ist es eine intensive Zeit des Nachdenkens. Ich mache mir viele Gedanken. Viel Altes ist wieder präsent und gerade auf körperbezogene Themen spezialisiere ich mich mehr denn je. Aber auch Entschleunigung findet bei mir wieder Gehör. Mir tut es gut, diese persönlichen Texte und Gedanken zu teilen. Dabei schwingt immer die Hoffnung mit, Menschen damit zu erreichen. Ihnen zu helfen und aufzuzeigen, dass man in vielen Belangen des Lebens einfach nicht alleine ist. 

Warum mein eigener Körper momentan wieder so präsent ist, liegt vor allem an den Schwierigkeiten meiner Recovery, die ich wieder aufnehmen musste. Die Coronazeit und all ihre Folgen haben mir auf den Magen geschlagen. Für mich waren es sieben intensive Wochen, in denen ich komplett alleine war. Manchmal habe ich es da gar nicht zugelassen, mich zu sehr mit mir und meinen Gedanken zu beschäftigen. Aber irgendwann holt einem die Vergangenheit vielleicht doch ein. Ich habe jedenfalls erkannt, dass es noch einige Baustellen gibt, an denen ich arbeiten muss. Gerade was körperbezogene Themen betrifft. Diese habe ich in meiner Recovery nicht mehr allzu viel Beachtung geschenkt. Denn es ging mir gut. Wozu noch daran arbeiten? 

Das Wozu kann ich euch heute beantworten. Wozu? Weil das Leben nicht immer eitler Sonnenschein ist. Weil Herausforderungen auf uns warten, die auch auf uns zukommen. Gerade in solchen Zeiten muss man emotional gefestigt sein, damit einem die Vergangenheit wirklich nicht einholt. Ich habe gemerkt, dass ich das noch nicht war. Gefestigt! Deshalb muss ich mich jetzt vermehrt darum kümmern, mein Gedankenchaos zu ordnen, die Spirale anzuhalten und endlich einen Abschluss finden, der es mir ermöglicht, auch solche Zeiten emotional gefestigt durchzuhalten. 

Mein Körper ist nach wie vor die Baustelle. Bzw. nicht mein Körper in seiner physischen Form, sondern meine Beziehung zu meinem Körper. Die spielt sehr wohl noch eine Rolle, unabhängig von all den Erfolgen, die ich bereits verbuchen konnte. Aber ich habe mir zu wenig Zeit gelassen, die Beziehung zu meinem Körper zu festigen. Denn – es ging mir ja gut. Nur darf ich nicht vergessen, dass ich mich inmitten einer Stabilität befand. Ich hatte einen Job, meine erste eigene Wohnung, Freunde und Familie, die ich immer sehen konnte. Während der Corona Krise ist erstmals das soziale Gefüge in seiner physischen Form zusammengebrochen. Ich war alleine. Urplötzlich. Dann war mein Job weg. Natürlich blieben Freunde und Familie sowie meine Wohnung. Aber eben keine finanzielle Sicherheit. Es kamen Ängste hinzu, wie es nun weitergehen sollte. 

Nun habe ich alles wieder, das ich in den letzten Wochen so vermisste. Ich darf meine Familie sehen, meine Freunde, ich habe einen Job gefunden, der mir neue Möglichkeiten eröffnen kann und meine Wohnung ist nach wie vor mein Zentrum, auch wenn mir der Gedanke auf die Rückkehr momentan sehr, sehr schwer fällt. Was dennoch wiedergekommen und auch nach all der Stabilität, die ich zurückgewonnen habe, geblieben ist: die Unsicherheit mir gegenüber. Die Unsicherheit meinem Körper gegenüber. Es ist leichter, wieder in den Strudel der Essstörung hineingezogen zu werden, als sofort wieder rauszukommen. Ja, ich habe Stabilität. Trotzdem muss ich jetzt an mir weiterarbeiten und an all den Baustellen, die trotz Recovery übrig geblieben sind. 

Es tut mir Leid
Es tut mir Leid

Dear Body...

Es tut mir Leid

Ich habe nachgedacht. Sehr viel. Über mich und insbesondere über meinen Körper. Wie habe ich meinen Körper in all den letzten Jahren behandelt? Und dabei habe ich ganz persönliche Zeilen verfasst, die ich auf meinem Instagram Account bereits geteilt habe und nun auch hier auf dem Blog noch einmal festhalten möchte. Falls ihr euch fragt, was meine Überschrift nun wirklich mit dem oben geschrieben Text zu tun hat, hier kommt die Antwort! Ein Brief an meinen Körper:

Es tut mir Leid, wie ich dich behandelt habe. Es tut mir Leid, dass ich dich anschrie, dich als „fett und hässlich“ beschimpfte und gemein zu dir war. Es tut mir Leid, dass ich dich grob berührte, dass ich dir in den Bauch boxte und das Essen verboten habe. Es tut mir Leid, dass ich dir viel kostbare Zeit gestohlen habe. Es tut mir Leid, dass ich dich zum Sport zwang, obwohl du keine Kraft mehr hattest. Es tut mir Leid, dass ich dich auf die Waage zerrte und dich für das Ergebnis fertig machte. Es tut mir Leid. Meine kritischen Blicke, mein Hass dir gegenüber. Es tut mir Leid, dass ich dir nicht erlaubte, zu leben. Und ich danke dir, dass du mir verziehen hast. Dass du UNS immer wieder eine Chance gegeben hast. Ich werde dich nie mehr fertig machen, dir nie mehr in den Bauch boxen, dir nie mehr das Essen verbieten, dich nie mehr zum Sport zwingen, dich nie wieder auf die Waage zerren und deine Maße überprüfen. Ich werde für dich da sein und mich so um dich kümmern, wie du es verdient hast. Denn du bist mein Körper und wir werden ewig zusammengehören. 

Instagram @mycafeaulait am  28. April 2020

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