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Lisa Reiter

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„Wie kann man sich nur so halbnackt im Internet präsentieren? So eine Schlampe!“

Letzte Woche habe ich ein Bild auf Instagram gepostet. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn Instagram ist dazu da, um Bilder zu posten. Dennoch war es für mich eine kleine Premiere, auch wenn schon über 300 Bilder meinen Instagramfeed zieren. Auf diesem Bild zeige ich eine andere Seite von mir. Eine komplett andere Seite, die viele von mir nicht gewöhnt sind:
Sexy statt süß. 
Lasziv statt lieb.
Verrucht statt verlegen. 

Mehr Haut statt viel Stoff. 

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Bild gepostet, auf welchem ich nicht mehr trage, als ein Bralette bzw. einen Lace Body. Ich wusste nicht, wie die Reaktionen sein würden, geschweige denn ob es so eine gute Idee sein würde, mehr von meinem Körper zu zeigen, als ich es bisher getan habe. Mehr Haut zu zeigen. Eine neue Seite von mir zu präsentieren. Durchaus hätten solche Reaktionen kommen können, wie ich sie zu Beginn dieses Beitrages beschrieben habe. Aber sie sind nicht gekommen. Oder vielleicht doch? Reaktionen, die sich lediglich gedanklich in den Köpfen der Betrachter abgespielt haben? 

Nächstes Jahr werde ich als Lehrerin im Klassenzimmer stehen und unterrichten. Ich werde eine Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche haben. Und Eltern sehen es bestimmt nicht gerne, wenn sich Frau Professor nur in Lingerie online zeigt. Denn auf das Internet hat jeder Zugriff. Auf meinen Instagramaccount auch, denn er ist öffentlich, genauso wie mein Blog. Ich habe lange darüber nachgedacht: Kann ich das tun? Werde ich mir damit etwas verbauen? Doch die Wahrheit ist: Ich wollte es tun. Schon so lange. Habe mir selbst gewünscht, Tabus zu brechen. Meine eigenen, aber auch die gesellschaftlichen Tabus.

 

 

Sex Sells

Der schmale Grad zwischen Ästhetik und Pornification

Ich habe diese Bilder nicht gepostet, weil ich mir dadurch einen Instagrampush erhofft habe. Ganz im Gegenteil. Schon lange bewundere ich ästhetische Fotografien von Frauen in Dessous und Lingerie. Diese immense Präsenz von purer Weiblichkeit und Sinnlichkeit zieht mich in einen magischen Bann. Und ich wollte es selbst. Für mich. Aber nicht nur für mich alleine. Ich wollte es schon immer teilen. Teilen, weil ich der Welt zeigen möchte, dass ich nicht nur süß, lieb und nett bin. Dass es auch andere Seiten von mir gibt.

Sexualität ist ein Thema, welches nach wie vor in unserer Gesellschaft tabuisiert wird. Dabei finde ich, dass Sexualität auch zum Teil offen ausgelebt werden sollte. Das richtige Maß sollte dabei aber eingehalten werden, denn zur Erregung öffentlichen Ärgernisses möchte ich an dieser Stelle selbstverständlich nicht aufrufen. Natürlich gibt es einen schmalen Grad zwischen Ästhetik und Pornification, aber manchmal kann man Tabus durchaus brechen. Solange man es stilvoll tut und sich von jeglicher Obszönität distanziert. Wir Frauen haben es verdient, uns schön, sexy und weiblich zu fühlen. Doch leider habe ich das Gefühl, dass gerade wir, die Gesellschaft, daran schuld sind, dass so viele Hemmungen zum Thema Sex vorherrschend sind.

 

 

Du bist keine Schlampe, wenn du mehr Haut zeigst

„Schau dir den kurzen Rock an. Man kann ihren halben Arsch sehen. Was für eine Hure.“

„Das ist so etwas von billig. Die geht bestimmt mit jedem Typen ins Bett.“

Das Traurige ist: Solche Sätze werfen wir Frauen uns gegenseitig selbst oft an den Kopf – auch wenn es nur gedanklich oder hinterrücks ist. Dabei ist es doch schön, wenn man sich in seiner Haut so wohl fühlt und das tut, wonach einem ist. Egal, ob man Kolumnen über eine lockere Affäre schreibt, wie es Carrie Bradshaw in den späten 90ern/frühen 2000ern in „Sex and the City“ getan hat oder sich mit wenig Stoff am Körper im Internet präsentiert. Bezüglich meiner eigenen Sexualität möchte ich auch offener sein. Es gibt so viele Themen, die ich gerne ansprechen würde oder Erlebnisse, die ich in Kolumnen verarbeiten möchte. Über Beziehungen, Dating und meine Bindungsängste schreiben, so wie es auch Carrie Bradshaw tut. Und ich finde, ich habe das Recht, das zu tun, ohne degradiert zu werden. Ich habe ein Recht darauf, trotzdem respektvoll behandelt zu werden.

Es macht mich noch lange nicht zu einer Schlampe, offener über ein Tabuthema zu sprechen, meine Datingerfahrungen zu teilen oder mich nur in Lingerie zu zeigen. Es gibt anderen Frauen nicht das Recht, mich als Schlampe zu degradieren. Und es gibt Männern nicht das Recht, alles mit mir zu machen, was sie wollen. Dadurch werde ich nicht zum Sexobjekt und es bedeutet nicht, dass ich leicht zu haben bin. 

 


Denn das bin ich definitiv nicht!


 

Ich weiß ganz genau, wie es sich anfühlt, als Sexobjekt degradiert zu werden. Dieses Gefühl habe ich unter anderem damals bei meinem Nebenjob mehr als deutlich mitbekommen, als ich nur auf meinen Körper und mein Aussehen reduziert wurde. Ich musste es beispielsweise hinnehmen, wenn mir männliche Gäste unter den Rock gegriffen haben. Da gab es keine Widerrede. Der Gast ist König. Und ich? Ich habe mich schäbig gefühlt. Weil jegliche Emanzipation den Bach runterging. Ich wurde abgewertet. Auf meinen Körper reduziert. Und das wurde ich oft genug. Nicht nur in meinem alten Nebenjob, wo teilweise sogar von mir verlangt wurde, offenherzig zu sein, sondern auch von diversen Erfahrungen, die ich mit Männern in meiner Vergangenheit gemacht habe. Doch in diese Opferrolle möchte ich mich nicht mehr begeben.

Ich bin unabhängig und ich habe eine Stimme. Eine Stimme, die genutzt werden kann und die gehört werden soll. Ich fühle mich schön, sexy und attraktiv. Ich habe einen Körper, der gezeigt werden darf. Egal, in welcher Form er sich gerade befindet. Doch es muss eine Bedingung, eine wichtige Voraussetzung erfüllt werden: Ich muss es wollen. Es muss meine freie Entscheidung sein. Wie bei allem im Leben. Ich lasse mich nicht abwerten. Weder von der Gesellschaft, noch von andere Frauen oder Männern, die offensichtlich nur das Eine von mir wollen. Ich bestimme. Ich bestimme ganz alleine über mich selbst und erteile niemanden das Recht, es für mich zu tun. Nur ich selbst habe das Recht, über mich zu entscheiden. Über das zu entscheiden, was ich sagen möchte. Was ich zeigen möchte. Was ich tun möchte. Nein heißt NEIN, auch wenn ich immer noch dabei bin, zu lernen, dieses Wort selbstbestimmend zu nutzen. Es funktioniert ganz gut, nur bei der Durchsetzung hapert es noch ein bisschen. Aber das bekomme ich auch noch hin.

 

 

Ich entscheide…

Ich habe für mich beschlossen: Ab jetzt tue ich nur noch das, was MIR gut tut. Was sich für MICH gut anfühlt und ICH als richtig betrachte. Wer mein Nein nicht akzeptiert und trotzdem das mit mir macht, was ich abgelehnt habe, hat mich nicht verdient. Wer mein Ja nicht schätzt, hat Pech gehabt. Ich verdiene so viel mehr. Die Entscheidung liegt bei mir. Und es war eine gute Entscheidung, diese Bilder zu machen, denn es hat sich verdammt gut angefühlt.

 

 

Shooting Facts


Lingerie

PR SAMPLE: Lace Bra*: LEAH ZOEH
Lace Body: YAS
Dressing Gown: H&M


Location

Hotel Grand Ferdinand


Photography

Miss Getaway


 

Wie viel Haut darf ich zeigen Wie viel Haut darf ich zeigen Wie viel Haut darf ich zeigen Wie viel Haut darf ich zeigen Wie viel Haut darf ich zeigen Wie viel Haut darf ich zeigen

 

Comments

  • 5. November 2017

    Wem der BLOG nicht gefällt, der darf ihn doch künftig ignorieren!
    *
    Öffentlich zu diffamieren aber ist für manchen aufreizender als
    die schönen MOMENTE des LEBENS zu schweigend genießen. Wo, wie und wann auch immer !
    *
    Es gibt nichts SCHÖNERES als einen TAG, der
    völlig “ e n t s p a n n t “ zu Ende geht –
    es müsste eben jeder TAG
    ein F R A U E N T A G sein !
    ___
    © PachT 2014
    Aus meinem Tagebuch

    In diesem Sinne
    freundliche Grüße aus meinem DENK- und SCHREIBLABOR … PachT

  • 5. November 2017

    Super Beitrag!!👌🏼 Ich hab gerade vor ein paar Tagen auch über dieses Thema nachgedacht und einen Text geschrieben.. muss ich also auf jeden Fall veröffentlichen. 🙃

    Alles Liebe,
    Olivia

  • 6. November 2017

    Liebe Lisa,
    ein unglaublich guter Post! Die Fotos sind super ästhetisch und du hast es im Text auf den Punkt gebracht: Es geht nicht darum, was andere denken könnten, wenn sie die Bilder sehen, sondern darum, was man selbst denkt und noch wichtiger, selbst fühlt! Und diese Bilder sollten dich auf alle Fälle dazu bringe, dich sexy und selbstbewusst zu fühlen!
    Liebe Grüße Anne
    https://trustyourgut1.blogspot.de/

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Est. 2012

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