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Lisa Reiter

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Quarantäne

Hallo, ich bin die Lisa und ich gehöre zu den Personen, die anfangs über den Corona Virus gelacht haben. Jetzt gehöre ich zu denjenigen, die ziemlich dumm aus der Wäsche schauen. Nach dem selbsthilfegrupperischen „Hallo Lisa“ erlaube ich mir nun, dass ich geläutert bin und die Sache ernst nehme. Sehr ernst sogar. Aber was hilft es uns, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und weiter negative Stimmung zu verbreiten? Genau! NIX! Wenn ich was aus zahlreichen nicht so schönen Erfahrungen in meinem Leben gelernt habe, dann das: es muss weitergehen. Nachdem ich am Wochenende in Sweatpants zwischen veganem Ben und Jerry’s Eis und einem zwei Liter Vorrat an Cola light (Vorrat ist übertrieben – 2 Tage hat es gehalten) nahezu mit dem Newsticker verschmolzen bin, habe ich mich jetzt aufgerafft und versuche irgendwie einen Alltag zu finden. Das ist herausfordernder, als gedacht.

Quarantäne

Der ganz normale Home Office Quarantäne Wahnsinn

Wer hätte sich das gedacht? Die Lilly landet mal im Home Office. Moment. Als Selbstständige bin ich das zwar gewohnt, aber als Angestellte bin ich doch lieber im Büro. Soweit so gut. Da die Marketingabteilung aber unmöglich den empfohlenen Sicherheitsabstand von zwei Meter einhalten kann, befinden wir uns inmitten eines potentiellen Virenherds. Gar nicht gut. Und siehe da: jetzt sitze ich im Home Office, zwischen Unterlagen, Macbook (machts der noch lange?) und halb erledigtem Abwasch (mein Geschirrspüler ging pünktlich zur Krise kaputt *hust* (oder sagen wir jetzt lieber *räusper*?)) und versuche mich in die Situation zu finden. Zumindest aus der Gefahrenzone raus! Dabei ermahne ich mich selbst immer wieder mit zusammengepressten Lippen, dass die Situation für mich weitaus weniger schlimm ist, als für andere und doch hadere ich ein bisschen. Meine Aufgaben wurden mir aufgetragen und die erledige ich. Insgeheim trete ich mir in den Arsch, warum ich das Virus nicht ernster genommen habe und frage mich manchmal, ob das nun die Rache von Karma ist? So lange, bis sich diese vielleicht etwas unnötigen Gedanken in Sorgen verwandeln. JA, ich gebe es zu! Ich habe Angst um meinen Job. So schön es ist, ein Start-Up beim Wachsen zu sehen und es dabei tatkräftig zu unterstützen, umso beängstigender ist es jetzt, was die Coronakrise für meinen Job bedeutet. Und dann verpasse ich mir innerlich eine saftige Ohrfeige, weil es andere gibt, die noch schlechter gestellt sind, als ich. 

Vielleicht klingt das ein bisschen makaber. Aber angesichts der Tatsache, dass wir uns nun alle über essentielle Bestandteile unseres Lebens (Gesundheit, Job, Zukunft) Sorgen machen, fühle ich mich nicht alleine. Nicht zuletzt weil unsere Regierung super agiert und ich das Gefühl habe, das ALLE BürgerInnen ernst und wichtig genommen werden.

Das Home Office wird von Tag zu Tag erträglicher. Wissend, dass ich mit meinem Daheimbleiben einen kleinen Beitrag zu der Verbesserung der Gesamtsituation leisten kann, indem ich den Anweisungen folge. 

Der ständige Kampf mit Moral und Wiedersprüchen

Die Auftragslage ist momentan somit eine Prärie (Memo an mich: eine Steppe besuchen, wenn die Sache überstanden ist). Zumindest ist es eine Prärie für so einen kleinen Fisch im großen Teich wie mich. Eine Kooperation habe ich gerade in der Planung, bei der ich stark am hin und her überlegen bin, ob ich sie nicht zu canceln versuche. Ich stehe immer hinter meinen Kooperationen, die ich mache, aber es passt vielleicht nicht ganz so in die aktuelle Thematik. Ich weiß, das ist ein absolutes Luxusproblem. Zumindest war es das für mich noch, bevor ich den Anruf bekommen habe, wie die beruflichen Prognosen gerade sind. Eine Zwickmühle, schließlich will ich keinen Shitstorm über mich ergehen lassen und auf der anderen Seite mache ich mir, vielleicht ein bisschen unnötigerweise, Sorgen wie es jetzt weitergehen soll. Wohlwissend, dass ich ein Sparfuchs bin und immer schon fast krankhaft darauf geachtet habe, etwas auf der Seite zu haben. Aber diese Ersparnisse waren eben für meine Zukunft gedacht. Und wieder will ich mir am liebsten selbst eine klatschen, weil ich weiß, dass es nicht nur mir so geht und viele von uns ihre Prioritäten verlagern müssen. Auf der anderen Seite lese ich, dass wir so viel Normalität in unser aller Alltag bringen sollen, wie möglich und hey, irgendwie müssen wir ALLE arbeiten, um unser Geld zu verdienen. 

Quarantäne

Wenn die 10. selbst auferlegte Klatsche endlich sitzt

Jetzt sitze ich da, in meiner 50m2 Wohnung und habe viel Zeit zum Nachdenken. So, mit mir selbst beschäftigen neue Lage: Dienstag check, Mittwoch check, Donnerstag check, Freitag check, Samstag check, Sonntag check, Montag check, Dienstag check. Gemerkt habe ich, dass ich gut alleine sein kann, aber die Einsamkeit ist schon ein ganz anderes Kaliber. Aber seien wir dankbar für die Technologie unserer Zeit. Ergo: ich komme klar. Wobei sich die Eigenmotivation immer noch in Grenzen hält. Ich erledige zwar die Arbeit, die ich erledigen muss und hätte (jetzt wo ich mir ca. 2 Stunden Fahrt täglich spare) viel Zeit für meine eigenen Ideen, aber mal ehrlich: die Muse habe ich irgendwo draußen liegen lassen und jetzt kann ich sie nicht holen. Leute, es ist okay, wenn wir jetzt Zeit zum Aufraffen brauchen. Schließlich sind wir mit Situationen konfrontiert, die wir in unserer eigenen Luxuswelt so gar nicht kennen. Und hey, wir haben ein Dach über den Kopf, wir sind bestmöglich geschützt und die Welt hat schon schlimmere Krisen überstanden. Da ist die Wohnung wirklich keine Kriegsfestung mehr, sondern unser Rückzugsort. Der Ort, an dem wir uns sicher fühlen. Lagerkoller hin oder her, trotzdem geht es uns verdammt gut in unseren eigenen vier Wänden.

So, meine kreativen Pläne habe ich noch nicht umgesetzt, man macht im Home Office mehr Chaos als gedacht (ich habe Casa Lillywood erst vor zwei Tagen aufgeräumt *räusper*) und ich habe herausgefunden, dass die Wäsche die Haushaltsaufgabe ist, die NIE zur Gänze erledigt ist. Ja, irgendwann versucht man sich mit dämlichen Gedanken abzulenken, von denen man glaubt, sie sind lustig. Bei denen man aber schnell merkt, was für einen seltsamen Humor man eigentlich hat. Apropos: es ist auch komisch, welche seltsamen Beschäftigungen man plötzlich für sich entdeckt. Ich habe mir heute beispielsweise meine Extensions mit Kokosöl entfernt. Der letzte blonde „Rest“ an mir dürfte nun Geschichte sein. An der Stelle: nein, meine Haare wurden danach nicht gewaschen, sondern triefen vor Kokosfett – darum kann ich meine jetzige Haarfarbe gar nicht mehr definieren. Aber mein eiserner Wille hat sich fest vorgenommen, morgen die Haare zu waschen und nach dem Home Office möchte ich mich endlich dazu aufraffen, ein paar Ideen umzusetzen. 

In diesem Sinne: bleibt daheim und DANKE an all jene, die sich für uns abschuften, um unser System am Laufen zu halten. Unterstützen wir sie, indem wir vernünftig sind und soziale Kontakte so gut es geht vermeiden. 

PS: Ja, ich weiß, die Bilder sind alles andere als matchy matchy mit dem Beitrag. Aber um mich mit Kokosfetthaaren vor die Kamera zu wagen, akribisch den Fernauslöser zu bedienen und mich in Sweatpants in Pose zu hauen, fehlt mir genauso viel Muse, wie meinen Spüle von dem Topf mit den angeklebten Nudelresten zu befreien. Aber hey: Bücher – Tagebuch = It’s a match (oder irgendwie so). Ich gelobe Besserung (Angaben ohne Gewähr). 

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Est. 2012

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