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Lisa Reiter

  /  Personal   /  Personal Stories & Texts   /  Quarantäne Tagebuch #3

„Wait! Did you just say quarantine takes a lil while longer?“ – Das waren meine Gedanken, als ich am Montag die Pressekonferenz gesehen habe. Natürlich waren meine Gedanken nicht Englisch. Soviel dazu! Auch wenn ich in dieser Situation versuche, positiv zu bleiben und viele Zweifel, Ängste und Sorgen hinter meinem Humor verstecke, so bin ich jetzt doch kurz davor, ein bisschen in den Wahnsinn abzudriften. 

Soziale Isolation. Soziale Distanz! Ich weiß gar nicht, wie lange ich mich in dieser Phase bereits befinde. Ich weiß nur: eine Woche vor dem Lockdown hat es für mich begonnen. Ich kann normalerweise gut alleine sein, ohne mich einsam zu fühlen, was ich bereits in diesem Beitrag thematisiert habe. Aber diese Situation geht mir an die Substanz. 

Wenn ich nach draußen gehe, vor allem um mir die Beine zu vertreten, frage ich mich oft noch, warum ich das alles mache. Warum ich nicht einfach meine Sachen packe, um zu meiner Mutter in meine Heimatstadt zu fahren. Ich weiß, ich bin nicht die einzige, der es gerade so ergeht. Ich bin nicht die einzige, die alleine wohnt und ich bin auch nicht die einzige, die sich an die Regeln strikt und wie von der Regierung empfohlen hält. Aber dann gehe ich in die Parks und sehe, wie sich viele Menschen NICHT daran halten. Und es frustriert mich. Ich möchte auch einen Menschen, den ich gern habe, in meiner Nähe haben. Ich möchte auch diese Freiheit haben. Es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, ich hätte in dieser Zeit nie darüber nachgedacht, nach Hause zu fahren. Meine Mutter wollte mich gestern sogar abholen, aber ich habe abgelehnt. Das ist mir schwergefallen. Sehr schwer. Doch ich kann erstens kein Risiko eingehen und zweitens permanent #stayhome predigen, gleichzeitig aber nicht mein eigenes Wort halten.    

Quarantäne Tagebuch
Quarantäne Tagebuch

Berechtigte Bedenken oder Übertreibung?

Es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht bei meinen Freunden über irgendwelche „Fehltritte“ aufrege. Auf Instagram versuche ich das so gut es geht zu vermeiden. Ich möchte dem ganzen keinen öffentlichen Raum geben, obwohl ich im privaten der ganzen Sache sehr viel Raum gebe. Und jetzt auch hier am Blog. Manchmal fühle ich mich wie die berüchtigte alte Nachbarin, welche die ganze Nachbarschaft observiert und sich ständig über diese aufregt. Letztens habe ich meine Freunde gefragt, ob ich übertreibe. Manchmal kommt es mir nämlich so vor, als hätte mein gesamtes Umfeld hier in meiner Wohngegend die Quarantäne sowie die soziale Isolation bereits abgehakt. Es scheint so, als würden sie zur Normalität übergehen, während ich immer noch in dieser Situation feststecke. Höchstwahrscheinlich ist es jedoch nur meine persönliche selektive Aufmerksamkeit. Gerade deswegen fällt es mir so stark auf. Es ist wichtig, dass wir die ganze Sache weiterhin ernst nehmen. 

Where's the f*cking LOVE?

Auf jeden Fall tun mir soziale Distanz, soziale Isolation und Quarantäne an manchen Tagen wirklich nicht gut. Es gibt Tage, da geht es mir blendend. Ich bin produktiv, mache Yoga oder Sport, meditiere, die Wohnung ist aufgeräumt und habe einen guten Tages Flow. Dann gibt es aber auch Tage, an denen ich menschlichen Kontakt vermisse. Tage, an denen ich mal stundenlang weine, auf Tinder abhänge, resigniere (die Quarantäne macht die Auswahl nicht besser – und dabei rede ich nicht von der Optik) und anschließend nach ein paar Tinder Fails mental meine ganzen Ex-Gspusis durchgehe. Und zwar sämtliche von 2010 bis heute. Dann beginne ich zu überlegen, ob ich mich nicht bei irgendwen von denen melden soll. Während ich fein säuberlich alle inzwischen verheirateten und/oder zu Väter gewordenen Typen aussortiere, verwerfe ich die Pläne dann meistens aber auch wieder. Das hat mir deutlich gezeigt: Der Gipfel am Olymp der Einsamkeit wurde von mir erreicht. Sidenote der Fairness halber: nicht alle waren Vollidioten! 

So verzweifelt das alles klingen mag. Ich sage es ja nicht gerne, vor allem, weil ich ein gutes soziales Netzwerk habe, aber auf blöde Ideen und Gedanken bringt mich die ganze Sache schon. 

Es tut mir wirklich Leid, dass ich in diesem Quarantäne Tagebuch meinen Rant zum besten geben musste. Ich weiß, wir alle können das Corona Gejammere wahrscheinlich nicht mehr hören, doch irgendwo musste ich diese Gedanken niederschreiben. Hoffentlich hat das ganze bald ein Ende – auch wenn Geschäfte, Restaurants, Frisöre und Co. in einem langsamen Tempo öffnen sollten, so hoffe ich wirklich, dass ich nach Ostern ENDLICH mal nach Hause fahren kann. Wir werden ja sehen, wie sich das ganze entwickelt, aber um ehrlich zu sein, stehe ich den ersten Geschäftseröffnungen nach Ostern skeptisch entgegen. Wenn ich so daran denke, was ich „da draußen“ inzwischen alles erlebt habe, glaube ich nämlich, dass die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns hoch ist. Ich hoffe, ich irre mich. In diesem Sinne und trotz meiner leicht pessimistischen Prognose: Stay positive und versucht, nicht durchzudrehen. UM HIMMELS WILLEN. BITTE VERSUCHT, NICHT DURCHZUDREHEN! Ich gebe auch mein Bestes. Versprochen! 

Meine letzten Quarantäne Tagebuch Einträge

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Est. 2012

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