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Lisa Reiter

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Viel zu oft, viel zu lange bin ich am Rand gestanden. Habe beobachtet. Ganz still und schweigsam. Aus sicherer Entfernung. Dort, wo ich ICH sein kann! Ganz bei mir sein kann. Habe mich in diesem Schneckenhaus verkrochen. Meinem Schneckenhaus. Wollte nur dieses Gefühl der Sicherheit haben. Alles unkompliziert gestalten. Flüchtete vor Angst und Unsicherheit. Die Welt da draußen ist gefährlich, argwöhnisch, kritisch. Und ich – ich traue mich nicht, diese Komfortzone, mein Schneckenhaus zu verlassen. Weil ich Angst habe. Angst, bewertet zu werden. Angst, der Welt mein Ich zu zeigen. Und weil ich Angst habe, nicht wertgeschätzt zu werden. Ich bin unsicher. Vorsichtig. Schwach.  

Ich stehe vor dem Spiegel. Ein kritischer Blick. Mein Gegenüber stumm. Das Gegenüber, das bin ich. Meine Augen mustern mich. Skeptisch. Langsam. Von oben bis unten, von links nach rechts. Und sie bleiben hängen. Fixieren Stellen, die ich eigentlich nicht genauer betrachten will. Stellen, die ich als störend empfinde. Weil sie mir im Weg sind. Weil ich mir selbst im Weg bin. Und doch – ich verberge meine Zweifel vor mir selbst. Meine Selbstzweifel. Meine nagenden Gedanken, wie schwer es ist, mich selbst zu lieben. Selbstliebe – ich kann damit nicht umgehen. Weil es so schwer ist. Schwer, Schritt für Schritt auf sich selbst zuzugehen. Schwer, seine Selbstakzeptanz zu finden. Weil ich nicht weiß, ob ich das kann, soll, darf. Oder sogar muss. 

Es ist einfach, auf die Welt zu kommen. Es ist einfach, sie auch wieder zu verlassen. Doch das dazwischen -das Leben- ist eine Herausforderung. Eine Achterbahnfahrt. Das haben wir immer alle gesagt. Weil wir wissen, dass es nicht leicht ist. Uns werden Steine in den Weg gelegt – von anderen, behaupten wir. Doch machen wir es uns mit dieser Ansicht nicht zu einfach? Vielleicht sind wir es selbst, die die Steine in den Weg gelegt haben. Und all das beginnt bereits auf den wichtigsten Weg unseres Lebens. Der Weg zu uns selbst. Und ich spüre, dass ich ihn gehen muss. Jetzt! 

(Tagebucheintrag 06.07.2012)

 

Blogpost-Selbstliebe-1 (c) Daniel Eibl

 

Selbstliebe!

Feind oder Instrument zur Selbsterhaltung?

Diese Zeilen habe ich in einem meiner schwächsten Momente verfasst. Lange ist es her. Wenn ich zurückblicke -zu meinem damaligen Ich- dann sehe ich dieses Mädchen. Schwach, zittrig, verletzlich. Sie sitzt verloren auf ihrem Bett. Versteckt in einer kleinen Nische am Ende des kargen Raumes. Und sie hat sich zurückgezogen. Zurückgezogen von all dem Trubel. Von all dem, was um sie herum geschieht. Weil sie hadert. Mit den Dämonen in ihrem Kopf. Die, die ihr sagen, dass sie nicht gut genug ist, so wie sie ist. Und sie muss es festhalten – in ihrem Tagebuch. All diese Gedanken, die sie nachts nicht schlafen lassen. „Es wird nie wieder besser werden“, heult sie in ihr Kopfkissen. Stille.

Und dann – sie richtet sich auf, wischt ihre Tränen weg und schreibt weiter. Weil sie merkt, dass sie es ist, die sich im Weg steht. Sie ist diejenige, die alles ändern kann. Sie ist diejenige, die kämpfen muss. Für sich selbst – für mehr Eigenliebe und Selbstakzeptanz.

Ich habe im Krankenhaus oft über meinen Selbsthass geschrieben. Über all die Unsicherheit, die an mir genagt hat. Der Blick in den Spiegel war herausfordernder, als eine schwierige Prüfung an der Uni zu schreiben. Denn dieser Anblick, dieser Face-to-Face Kontakt mit mir selbst, war das, wovor ich am meisten Angst hatte. Konfrontation! Ich konnte damit nicht umgehen. Weil ich mich selbst gehasst habe. Weil ich das gehasst habe, was ich bin. Dabei sagte doch schon der französische Philosoph Volontaire, dass Eigenliebe das Instrument zur Selbsterhaltung ist. Vielleicht habe ich mich deswegen verloren. Mein Vertrauen, meinen Selbsthalt, meine Stärke.

 

Blogpost-Selbstliebe (c) Daniel Eibl

 

Selbstvertrauen. Selbstliebe. Selbstakzeptanz.

Mit jedem Gramm, das ich abnahm, nahm ich auch an Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstakzeptanz ab. Doch ich habe mich zu mir durchgerungen. Habe versucht, meine Wahrnehmung auf all die positiven Dinge, die Charaktereigenschaften, die mich ausmachen, zu lenken. Habe nach und nach sogar nach meinen optischen Vorzügen gesucht – und gefunden. Der Weg zur Selbstliebe und Selbstakzeptanz ist ein Kampf. Eine Herausforderung. Und man scheitert! Sehr oft sogar. Doch wenn man sich selbst nicht abschreibt, sich nicht kampflos geschlagen gibt, dann findet man zu sich selbst. Stück für Stück. Ich weiß, dass ich immer noch nicht am Ziel angekommen bin. Dass ich immer noch kämpfen muss. Aber es ist möglich.

Ich kann niemanden Tipps geben, wie er sich selbst lieben lernt. Jeder muss diese Erfahrung für sich selbst machen. Und jeder muss für sich selbst lernen. Doch es ist keine Mission Impossible. Habe Vertrauen in dich. Kämpfe für dich! Geh den Weg. Deinen Weg für dich selbst. It’s worth it!

 

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I’m wearing

Pullover: Fuxherz
Cape: TomTailor
Dress: C&A
Overknees: Buffalo

Photography by Daniel Eibl

Location

Landhaus-Hof Graz

 

Comments

  • 20. November 2016

    Du kannst nur du selbst sein – andere gibt es schon und dich gibt es nur einmal. Und bist gut so wie du bist, ein wertvoller Mensch. Das Problem mit der Selbstliebe kenne ich sehr gut und habe da immer noch meinen Kampf.

    Bleib wie du bist :-*

    viele liebe Grüße
    Melanie / http://www.goldzeitblog.blogspot.de

  • 20. November 2016

    Wow ein wirklich schöner Text. Anorexie ist eine wirklich sehr sehr schlimme Krankheit, die leider viel zu oft in der heutigen Welt vorkommt…. Durch die ganzen Medien ist man viel zu sehr gezwungen möglicht dünn zu sein und immer gut auszusehen.. Es ist oft für viele sehr schwer zu erkennen was wirklich wichtig ist im Leben und das die Gesundheit an erster Stelle steht. Ich bin froh das du den Weg aus dieser schlimmen Krankheit gefunden hast 🙂

    Ich wünsche dir noch ein tolles Wochenende!
    xo Tamara
    FASHIONLADYLOVES

  • 20. November 2016

    wow ein hammer look meine liebe – und wie immer tolle worte 🙂
    ich wünschte ich könnte so schreiben 🙂
    glg katy

    http://www.lakatyfox.com

  • Lucy
    20. November 2016

    Klasse Post!

  • 20. November 2016

    Du siehst wundervoll aus – einfach so hübsch! Deine Zeilen haben mich wieder in den Bann gezogen. Sehr schön geschrieben! Und ein großes Danke, dass Du uns aus einen Einblick in Dein Tagebuch gegeben hast.

    Neri von Lebenslaunen

  • 20. November 2016

    Wow! Toll, dass du so offen & ehrlich deine Gedanken und deine Entwicklung mit uns teilst. Und die Fotos sind super geworden – du bist einfach so eine Hübsche! 🙂

    Liebe Grüße
    Lisa

  • Carrie
    22. November 2016

    ich liebe deinen Sweater

  • 29. November 2016

    Liebe Lisa,
    was für ein toller Eintrag! Danke für diesen tiefen Einblick in dein Innerstes. Ich kenne diese Gefühle nur zu gut. Danke aber noch mehr für deine ermutigenden Worte, deinen Blick nach vorne. Deine Botschaft, dass man es schaffen kann, wenn man will! Es ist so wichtig, dass wir lernen uns um uns selbst zu sorgen, weil wir es wert sind, weil wir gut sind, wie wir sind. Denn wir haben nur dieses eine Leben.
    Fühl dich gedrückt
    Anne
    http://trustyourgut1.blogspot.de/
    PS: Wunderwunderschöne Bilder!

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Est. 2012

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