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Lisa Reiter

  /  Personal   /  Anorexia Recovery   /  Zu leicht für diese Welt von Emma Woolf

Bücher können faszinieren! Bücher sind unterhaltsam. Aber vor allem können Bücher berühren. 

Ich kann mich nicht erinnern, dass mich jemals ein Buch so berührt hat. Ein Buch, das ich im Ganzen innerhalb von zwei Tagen verschlungen habe. Bei dem ich nicht aufhören konnte, zu lesen.  Ein Buch, geschrieben von einer Autorin, die ich bei Facebook ausfindig machte, nur um ihr zu schreiben, dass sie mich berührt hat. Ein Buch, das mein Begleiter für die letzten zwei Tage war. Unabhängig davon dass ich eigentlich die Zeit in meinen Lernstoff investieren sollte, als in ein 318 Seiten Buch. Die britische Journalistin Emma Woolf hat es geschafft, mich an ihr Buch „Zu leicht für diese Welt“ zu fesseln. So sehr, dass ich sogar vergaß, dass ich das Lesen beim Busfahren unterlassen sollte, weil mir davon eigentlich immer schlecht wird. So sehr, dass ich Tränen in den Augen hatte. So sehr, dass ich mich an eine Zeit zurückerinnerte, die auch mein Leben stark geprägt hat. Ja, diese Frau spricht mir aus der Seele. Sie teilt meine Gedanken und schreibt im Grunde meine Geschichte nieder. Auf ehrliche Art und Weise erzählt sie aus ihrem Leben, das unter die Haut geht. Nicht nur Menschen, die all das, was sie niederschreibt, nachvollziehen können, sondern auch Menschen, die vorher nicht verstehen konnten, wie es sich anfühlt, wenn man einen schier unendlichen Krieg mit sich selbst führt, obwohl es ein Krieg ist, der nicht in der natürlichen Natur eines Menschen liegt. Emma Woolf schreibt über Magersucht. Eine Krankheit, unter der sie seit Anfang 20 leidet und der sie erst im Alter von 32 Jahren den Kampf ansagte.

Emma Woolf hat nicht das verloren, was der Großteil von Menschen, insbesondere Mädchen, die unter einer Essstörung leiden, verlieren. Ihre Kindheit und ihre Jugend. Unbeschwert konnte sie diese Zeit genießen. Sie genoss ein stabiles familiäres Umfeld und besuchte eine der teuersten Privatschulen Londons. Es ist nicht so, dass nur Menschen, die eine schwere Kindheit durchlebten, eine Essstörung entwickeln oder die einfach nur dünn sein wollen. Es kann genauso Menschen treffen, die im Grunde all dieses nicht durchgemacht haben. Und genau zu so einer Person zähle ich Emma. Denn auch wenn sie nicht direkt durch so einen Wunsch oder Drang magersüchtig wurde, so entwickelte sich die Krankheit doch in eine Richtung, in der sich dünn sein für sie plötzlich großartig anfühlte.

Die Lebensgefährliche Leichtigkeit des Seins. „Nichts schmeckt so gut, wie sich dünn sein anfühlt.“ Dieser Ausspruch von Kate Moss war jahrelang Emma Woolfs Lebensmotto. Erst im Alter von 32 Jahren erkannte sie: Stimmt nicht, Schokolade schmeckt besser. Sie nahm die bislang größte Herausforderung ihres Lebens an und stellte sich endlich ihrer Magersucht. Offen und berührend erzählt sie ihre Geschichte über die große Liebe und das Gesundwerden. Ihre lebensbejahenden Worte machen anderen Betroffenen Mut, ebenfalls in den grünen Bereich der Waageskala zurückzufinden.

Die Autorin ist mir bereits seit längerer Zeit bekannt. Ich kennen sie aus der britischen Channel 4 Show „Supersize vs. Superskinny“, in der es unter anderem um das Ernährungsverhalten der Briten, verrückte Diäten und Essstörungen ging (wer neugierig ist, findet alle Videos der Show auf YouTube). Auch wenn es eine Zeit ist, die ich hinter mich gelassen habe, so konnte ich trotzdem nicht daran vorbeikommen, als ich das Buch von ihr entdeckte. Ich habe es mir gekauft und zehn Minuten später saß ich auf der Parkbank. Ich schmökerte mich durch die Seiten und merkte, dass ich mich sehr gut in Emma hineinversetzen kann. Vom Alter her trennen uns zwar gute 12 Jahre, aber sie fühlte oft genauso, wie ich mich damals fühlte. Teilweise sind auch noch Gedanken vertreten, die ich bis heute manchmal immer noch habe. Es gab zwar eine „Zeit danach“, in der ich mir einige Kilos wieder angefuttert hatte, aber das heißt noch lange nicht, dass man mit Normalgewicht nicht mehr magersüchtig ist. Ich weiß, es klingt absurd, aber Emma bringt es mit einigen Zeilen ganz am Anfang des Buches auf den Punkt.

Der Schlüssel im Kampf gegen Anorexia ist die Gewichtszunahme, nicht wahr? Falsch, falsch, falsch. Die Krankheit ist in meinem Kopf, nicht auf der Waage oder in den Maßen meines Körpers. Wann ich in diesem Buch Gewicht erwähne -von mir gewonnenes oder verlorenes-, wenn ich davon spreche, wie viel wir alle wiegen sollten, von normalen oder anormalen BMI, dann sollte immer Folgendes klar sein: Anorexie ist eine psychische Erkrankung. Gewichtszunahme bedeutet natürlich Heilung in physischer Hinsicht, aber gegen die Krankheit an sich richtet sie nichts aus. Sie glauben mir nicht? Ich kenne eine Frau, die 120 kg wiegt und trotzdem noch magersüchtig ist. Sie hat ihr altes Gewicht (und noch viel mehr) wieder zugenommen, und das bedeutet streng nach medizinischen Kriterien, dass sie nicht mehr anorektisch ist. Aber genau da liegt das Problem: Mental hat sie die Krankheit nie überwunden.

Ein sehr emotionales Buch und ein guter Begleiter für Betroffene und Angehörige. Vor allem würde ich das Buch denjenigen ans Herz legen, die selbst bereit sind und den Kampf gegen ihre Magersucht aufnehmen wollen. Ich wünschte mir wirklich, ich hätte damals, als ich in der Klinik war, dieses Buch gehabt. Ich bin mir sicher, es hätte mir geholfen und mich bestärkt, wenn ich wieder einmal schwache Momente hatte. Ich habe es zwar auch ohne geschafft, dennoch bin ich froh, dass ich es jetzt entdeckt habe und mich wieder in eine Zeit hineinversetzen konnte, die mein Leben geprägt und mich stärker gemacht hat.

Positiv finde ich auch, dass dieses Buch alles andere als triggernd ist. Nein, das ist es nicht (und leider ist das oft bei vielen solchen Büchern der Fall). Es ist das Gegenteil davon. Es ist inspirierend, ermutigend und berührend. Ein tolles, sehr empfehlenswertes Buch.

Comments

  • 9. März 2014

    das hört sich nach einem echt tollen buch an!
    ich muss auch unbedingt wieder mehr lesen 🙂
    <3

  • 9. März 2014

    Wow ein sehr persönlicher Post. Auch wenn es eigentlich "nur" um das Buch geht, das wirklich interessant klingt. Ich lese gerne solche Bücher, wo auch wahre Geschichten dahinter stecken.
    Finde es aber auch mutig, dass du selbst etwas über dich preis gibst & dazu stehst bzw. mit Stolz sagen kannst, dass du dagegen angekämpft hast!

  • 15. März 2014

    Das Buch klingt sehr interessant und ich kann mir gut vorstellen es mir zu kaufen.
    Ich war zwar selber nie magersüchtig, aber ich glaube jedes Mädchen hat irgendwann einmal die Phase wo es dünner sein will. Ich weiß noch damals, als ihc 15 war, da war so circa jedes Mädchen aus meiner Klasse auf einem Diättrip und mich mussten Freunde da rausreißen.

    Liebste Grüße
    Svetlana von Lavender Star // BlogLovin //
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Est. 2012

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