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Lisa Reiter

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Tagebuch

Corona, du bist eine Bitch! Sorry für den Kraftausdruck, aber ich muss dieses Tagebuch einmal ausnutzen, um mich auszukotzen. Doch um ehrlich zu sein, Corona ist in diesem ganzen Quarantänechaos nicht einmal die größte Bitch. Klingt komisch, aber es ist so. Es sind die Menschen, die auf die Anweisungen der Regierung einen feuchten Dreck geben, ihr Leben nahezu ähnlich weiterleben, wie zuvor und sich stur den Maßnahmen widersetzen. Jetzt ist aber nicht der Zeitpunkt, um stur zu sein. Jetzt stehen andere Werte im Vordergrund. Werte, die schon längst in Vergessenheit geraten sind. Fällt es vielen von uns deswegen so schwer, sich an Regeln zu halten? 

Gut möglich! Schließlich sind wir verwöhnte Millenials, die es gewohnt sind, auf nichts zu verzichten!

Mal ehrlich: wir sind Freiheit gewohnt. Egal, wie oft wir uns über das System beklagen und über welche Lappalien wir uns sonst aufregen. Aber verglichen mit der Situation jetzt, sind das Sorgen, die wir uns gegenwärtig womöglich zurückwünschen. Meine größere Befürchtung ist jedoch, dass die 10%, die immer noch holdrio und trallala so weiterlebt, wie es ihnen passt, sich nicht mal wirklich Sorgen um die Lage macht. Schlimmer: das Problem wird heruntergespielt und nicht als Krise wahrgenommen. Wahre Gesichter kommen zum Vorschein und bringen hässliche Kreaturen ans Tageslicht. Man kann alles unter dem Deckmantel der Nettiquette und Solidarität verstecken. Worte können schneller leerer werden, als man schauen kann. Ein scheinheiliges Lächeln kann in guten Zeiten viel verbergen, aber wenn es hart auf hart kommt, zeigt sich, wer wirklich empathiefähig ist und wer sich selbst letztendlich am nächsten ist. Und Egoismus ist dumm!  Auf allen Ebenen! Empathie wird nicht umsonst zur Intelligenz gezählt. Das zeigt sich heute wieder mehr denn je. Und dabei möchte ich gar nicht mit dem Finger auf eine bestimmte Personengruppe zeigen. Es sind nicht nur Millenials, Generation X und die Generation davor sind auch noch mobiler, als es sein sollte. Um das zu wissen, muss ich nicht mal mehr rausgehen. Die Fensterfronten meiner Wohnung sind die perfekte Kinoleinwand und zeigt mir tagtäglich, was noch alles verkehrt läuft. 

Ich zerbreche mir oft den Kopf, wie man den restlichen 10% der Bevölkerung endlich verklickern kann, dass die Lage ernst ist. Wir brauchen keine Panik haben. Die Grundversorgung läuft, wir haben zu essen und ein Dach über den Kopf. Und dabei haben wir es noch verdammt gut. Wir müssen nur in unseren eigenen vier Wänden bleiben. An schlechten Tagen, wenn es uns selbst auch nicht so gut geht, verlassen wir unsere Wohnung schließlich auch nicht. Warum können wir jetzt nicht über den Tellerrand hinausblicken? Warum können wir jetzt nicht sehen, dass es vielen da draußen nicht gut geht mit der Lage und aus Respekt und Nächstenliebe unsere vier Buchstaben einfach mal aufs Sofa setzen? 

Die Menschen, die die Versorgung aufrechterhalten müssen – in welchem Bereich auch immer – rackern sich nicht nur wie die Wahnsinnigen ab. Nein! Sie müssen sich zudem auch noch der direkten Gefahr aussetzen. Und während sich diese Menschen krumm und buckelig arbeiten, damit es UNS gut geht, hocken irgendwelche Vollprolls im Stadtpark und saufen in der Gruppe eine Hülse (Dosenbier) nach der anderen. Bestes Leben, wa? 


Tja, „Bestes Leben“ werden wir nicht mehr haben, wenn es so weiter geht!

Ich weiß nicht, wohin dieser pure Egoismus hinführt. Blöde Frage, aber macht Egoismus blind? Mir kommt es fast so vor. Wir machen das, um unser Gesundheitssystem davor zu bewahren, zu kippen. Auch wenn man nicht zur Risikogruppe gehört, riskiert wird damit genug: die Gesundheit unserer Mitmenschen, den Kollaps unseres Gesundheitssystem und wirtschaftlicher Zusammenbruch. Scheinbar sind all die unbelehrbaren Personen da draußen von nichts von dem betroffen. Denken sie! Aber wir sind alle Teil vom System und wenn uns System kippt, sind wir davon auch alle ein Teil und wir werden die Auswirkungen zu spüren bekommen. 

Dennoch: ich versuche optimistisch zu bleiben. Mir einzureden, dass es noch nicht zu spät ist, dass wir uns ALLE am Riemen reißen. Aber mit der Zeit sollte man jetzt nicht spielen, denn jede menschliche Handlung wird sich auf irgendeine Art und Weise darauf auswirken, wie es jetzt weitergeht und wo der Weg noch hinführen wird. 

Quarantäne Tagebuch

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Comments

  • 24. März 2020

    Das ist wirklich ein sehr toller Beitrag. Ich habe auch schon überlegt so ein Tagebuch zu schreiben.
    Liebe Grüße
    Luisa von http://www.allaboutluisa.com/

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Est. 2012

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